Ein Bad für
demenzkranke Menschen
Sicherheit, Orientierung und Würde im Alltag
In Deutschland leben rund 1,8 Millionen Menschen mit Demenz –
Tendenz steigend. Damit sie möglichst lange im eigenen Zuhause bleiben können,
müssen einige Dinge an die Situation dieser Menschen angepasst werden, die
ihnen Sicherheit und Orientierung bieten. Zudem müssen sie aber auch den
Bedürfnissen von assistierenden Pflegekräften und Angehörigen gerecht werden. Das
gilt insbesondere für das Badezimmer. Doch worauf ist hier besonders zu achten?
Nicht jeder demenzkranke Mensch ist gleich, und der Verlauf
der Erkrankung kann sehr unterschiedlich sein. Die Badgestaltung sollte daher
möglichst vorausschauend und gleichzeitig individuell auf die Fähigkeiten, Bedürfnisse
und Vorlieben der betroffenen Person abgestimmt werden.
Barrierefreiheit als Basis, klare Strukturen und Sichtbarkeit

Bodenebener Zugang zur Dusche, unterfahrbarer Waschtisch, Haltegriffe und ausreichend Platz, auch für Pflegekräfte - das sind u.a. Eigenschaften eines barrierefreien Badezimmers, die auch für ein Demenzbad sinnvoll sind.
Foto: Kermi
Ein Bad, das auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz
zugeschnitten ist, sollte vor allen Dingen barrierefrei und pflegegerecht sein.
Dazu zählen insbesondere Schwellenfreiheit, rutschfeste Böden und ausreichend Bewegungsfläche,
etwa für Hilfskräfte.
Ebenso wichtig ist eine einfache und übersichtliche Strukturiertheit
des Badezimmers. Unnötige Gegenstände und Unordnung sollten vermieden werden. Eine
klare Gliederung der Funktionsbereiche unterstützt die Orientierung und fördert
die Selbstständigkeit demenzkranker Menschen.
Kontrastreiche Farben sind in diesem Zusammenhang essenziell:
Toilette, Waschbecken und Dusche sollten gut erkennbar sein und sich klar von
Wand und Boden abheben. Unterschiedliche Farben, Materialien oder gezielte
Beleuchtung können das Zurechtfinden zusätzlich unterstützen.
Orientierung durch Farben, Kontraste und vertraute Gestaltung

Um die Farbwahl von Sanitärprodukten sowie den Beratungsprozess zu erleichtern, bietet Hersteller wie etwa Bette einen praktischen Farbfächer an.
Foto: Bette
Orange, Gelb und Rot werden von Demenzkranken besonders gut
wahrgenommen und unterschieden, da diese Farben klar erkannt werden und im
Langzeitgedächtnis positiv verankert sind. Als Akzentfarbe eignet sich vor
allem Rot zur Kennzeichnung wichtiger Gegenstände oder Bereiche. Aus diesem
Grund bieten einige Hersteller beispielsweise Waschbecken mit roten
Markierungen sowie entsprechend farbige Ausstattungselemente wie
Toilettensitze, Haltegriffe, Duschstangen oder Bedienelemente an.
Für große Flächen wie Wände und Böden empfiehlt sich der
Einsatz einfarbiger, heller, freundlicher Farben, da sie eine beruhigende
Atmosphäre schaffen und Ängste reduzieren können.
Große, kontrastreiche oder unruhige Muster auf Böden oder
Wänden sollten hingegen ebenso vermieden werden, wie dunkle Farben. Sie können
bedrohlich wirken oder als Hindernis wahrgenommen werden. So interpretieren
Menschen mit Demenz dunkle Bodenfliesen mitunter als gefährliche Tiefe.
Blaue und violette Farbtöne sind ebenso weniger geeignet, da
sie von älteren Personen schlechter erkannt werden. Grundsätzlich empfiehlt es
sich, die Gestaltung an gewohnten Farben und Strukturen zu orientieren, um
Sicherheit und Vertrautheit zu vermitteln.
Matte Oberflächen, Licht und blendfreie Gestaltung für mehr Sicherheit

Eine gute, blendfreie Ausleuchtung des Waschplatzes, etwa durch horizontales Licht an der Unterseite des Spiegels sowie Ausleuchtung relevanter Zonen wie der Toilette, geben Menschen mit Demenz mehr Sicherheit.
Foto: Geberit
Um irritierende Spiegelungen zu vermeiden, sollten bevorzugt
matte Materialien für Sanitärprodukte, Armaturen und Oberflächen verwendet
werden. Sie tragen dazu bei, Verwirrung zu vermeiden und die Sicherheit zu
erhöhen.
Gutes Licht ist für Menschen mit Demenz aber auch für
Personen mit nachlassender Sehfähigkeit besonders wichtig. Eine helle,
gleichmäßige und blendfreie Beleuchtung sorgt dafür, dass alle Bereiche gut zu
erkennen sind und keine gefährlichen Schatten oder Blendungen entstehen.
Tageslichtähnliche Lichtquellen und eine Kombination aus direktem und
indirektem Licht schaffen eine angenehme Atmosphäre. Nachtlichter mit
Bewegungsmeldern unterstützen die Orientierung in der Dunkelheit und reduzieren
das Sturzrisiko, ohne den nächtlichen Ruhemodus zu beeinträchtigen.
Problemzone Spiegel: Individuelle Lösungen finden
Viele demenzkranke Mensch können sich nicht mehr erkennen und haben demzufolge Angst vor ihrem eigenen
Spiegelbild. Hier empfiehlt sich die Probe aufs Exempel. Sollte der Spiegel
irritieren oder Angst auslösen, sollte er überdeckt, ganz entfernt oder an einer Stelle
angebracht werden, wo er nicht direkt über dem Waschbecken oder am Eingang
hängt.
Dusch-WC als Komfortplus

Dusch-WCs bieten nicht nur Extras an Hygiene und Komfort: Viele Dusch-WCs (wie hier das Sensowash von Duravit) lassen sich auch per Fernbedienung programmieren und bedienen.
Foto: Duravit
Ein Dusch-WC bietet sowohl für die pflegebedürftige Person
als auch für die Pflegekraft Vorteile, da es die Intimhygiene erleichtern und
das Schamgefühl verringern kann. Weil jedoch jeder demenzkranke Mensch
unterschiedlich auf neue Hilfsmittel reagiert und die Akzeptanz auch stark vom
Schweregrad der Erkrankung abhängt, empfiehlt es sich, vor der Installation
gemeinsam mit einer vertrauten Person sorgfältig zu überlegen, ob ein Dusch-WC
als angenehm empfunden wird. Ist dies der Fall, können verschiedene Modelle in
Ausstellungen des Sanitärfachhandwerks oder -handels vorab ausprobiert werden.
Unter Umständen kann ein Dusch-WC bzw. WC-Aufsatz von der
Krankenkasse bezahlt werden. Hierfür ist eine ärztliche Verordnung (Rezept)
erforderlich. Auf dieser muss die Bezeichnung des Hilfsmittels mit
Hilfsmittelnummer vermerkt sein. Im Hilfsmittelverzeichnis sind verschiedene WC-Aufsätze mit Wascheinrichtung aufgelistet.
Ausreichend Steckdosen
Steckdosen hat man nie genug – vor allem für wichtige,
strombetriebene Geräte im Bad, die heute und in Zukunft immer mehr an Bedeutung
gewinnen. Insbesondere sollten Steckdosen für Smart Speaker oder Musikgeräte
eingeplant werden. Viele demenzkranke Menschen reagieren positiv auf vertraute
Musik. Diese trägt zu einer entspannten Atmosphäre bei. Das ist besonders
hilfreich bei der assistierten Körperpflege, die im fortgeschrittenen Stadium
oft abgelehnt wird.
An Pflegekräfte denken

Eine Duschkabine mit horizontal geteilter Drehtüre (wie etwa aus der Serie Josephine von Glassdouche) ermöglicht Pflegepersonen eine komfortable Assistenz beim Duschen.
Foto: Glassdouche
Auch die Pflegekräfte – ob professionelle Fachkräfte oder
pflegende Angehörige – sollten bei der Badgestaltung im Blick behalten werden,
da das Badezimmer ihr täglicher Arbeitsplatz ist. Deshalb ist es wichtig, für
sie und auch für technische Hilfsmittel wie Duschstühle oder Gehhilfen
ausreichend Platz einzuplanen. Ebenso ist darauf zu achten, dass
Hygieneprodukte auf gut erreichbaren Ablagen abgestellt oder in Schubladen
griffbereit verstaut werden können. Eine durchdachte Anordnung unterstützt
nicht nur die Selbstständigkeit und Diskretion der pflegebedürftigen Person,
sondern erleichtert auch den Pflegealltag und sorgt für mehr Komfort aller
Beteiligten.
Fazit
Ein demenzgerechtes Bad vereint Barrierefreiheit, Sicherheit,
Orientierungshilfen und individuelle Anpassungen. Durch gezielten Einsatz von
klaren Strukturen, Farben, Kontrasten, blendfreier Beleuchtung, matten
Oberflächen und funktionalen Elementen kann die Selbstständigkeit demenzkranker
Menschen gefördert und ihre Lebensqualität verbessert werden. Gleichzeitig
profitieren auch Pflegekräfte von einer durchdachten, praxisnahen Gestaltung.
So wird das Badezimmer zu einem Ort, der nicht stigmatisiert sondern
Geborgenheit, Komfort und Selbstbestimmung bietet – ein Gewinn für alle
Beteiligten.
Ausführliche Informationen zum Thema Barrierefreiheit gibt
die Aktion Barrierefreies Bad in einem speziellen Ratgeber. Infos zur
Unterscheidung der Begriffe altersgerecht, barrierefrei und pflegegerecht gibt
es hier.